Wann? Wer? Wo? Warum? Online-Tracking muss transparenter werden

Online-Tracking zu Werbezwecken ist gang und gäbe im Netz. Das Problem dabei ist weniger, dass Daten erhoben werden, sondern dass die Datensammler das im Geheimen tun. Wie Nutzer sich dennoch informieren können und warum die Branche transparenter werden muss – ein Kommentar von Andreas Weck vom t3n-Magazin.

Nur mal eben auf Amazon nach einem Fahrrad oder auf Zalando nach ein paar Schuhen gesucht – und schon verfolgen Werbeanzeigen ähnlicher Produkte den Suchenden auf Schritt und Tritt. Zumindest solange, bis ein neues Produkt im Netz gesucht wird und der Vorgang wieder von vorne beginnt. Doch es sind nicht nur die unzähligen Online-Händler, die sich den Webseitenbesuchern an die Fersen hängen. Es sind auch Nachrichtenseiten, soziale Netzwerke, Bookmarking- und E-Mail-Dienste sowie Banking- und Streaming-Plattformen, die das Besucherverhalten aufzeichnen.

Möglich wird das durch Cookies und sogenannte Tracker, die über die angewählte Webseite auf Rechner, Smartphone oder Tablet platziert werden und sämtliche erfassten Daten durch das Netz zurück an die eigenen Server schicken. Etliche Verfolger gehören zu den Webseiten selbst, viele zu Facebook und Google und andere wiederum zu Werbedienstleistern und Marketingfirmen. Jeder setzt sie ein – bis auf ganz wenige Ausnahmen.

Fehlende Transparenz in der Online-Werbebranche

Eine Neuigkeit ist das freilich nicht – und ob die Methode gut oder schlecht ist, liegt wie so oft, im Auge des Betrachters: Der eine begrüßt beispielsweise personalisierte Werbung und hat kein Problem damit, dass sein Nutzerverhalten dafür getrackt und analysiert wird. Der andere fühlt sich durchleuchtet und will nicht, dass seine Spuren im Netz aufgezeichnet und gespeichert werden. Beide Sichtweisen sind legitim.

Wenig legitim ist allerdings die fehlende Transparenz auf Seiten der Dienstleister. Denn Nutzer, die über Art und Umfang der Tracking-Methoden informiert sein wollen, stehen viel zu oft allein auf weiter Flur. Und auch die Gegenwehr kann nur mit kleinen Hilfsprogrammen geschehen – doch wie vielen der geschätzt drei Milliarden Internetnutzern weltweit sind die bekannt?

Da wären Plugins wie Ghostery und Collusion, beide Lösungen sind tausendfach im Einsatz. Ghostery, als bekannteste Alternative, wurde allein für den Chrome-Browser 1,8 Millionen Mal heruntergeladen. Beide Programme ermöglichen es Nutzern nicht nur alle Tracker auf einer Seite anzuzeigen, sondern sie bei Bedarf auch zu blockieren. Auch ist es möglich, die jeweiligen Tracker nur auf bestimmten Seiten auszuschalten – beispielsweise auf den oben erwähnten Plattformen von Amazon oder Zalando. So findet sich auf etlichen Seiten beispielsweise der Nugg.Ad-Verfolger, der von einem gleichnamigen Tochterunternehmen der Deutschen Post ins Rennen geschickt wird. Oder das DoubleClick-Programm, der Werbetracker von Google, der den weltweit größten Adserver überhaupt mit Daten füttert.

Auch wenn Werbetreibende und Webseitenbetreiber das anders sehen: Tools wie Ghostery und Collusion sind gut und notwendig, denn sie geben Nutzern einen Einblick in die Branche und ihre Interessen, der eigentlich selbstverständlich sein sollte. Und sie geben ihnen die Möglichkeit entscheiden zu können, wie weit sie sich den Unternehmen offenbaren wollen. Besser wären natürlich eigens bereitgestellte Lösungen – Popups etwa, die den Nutzer über die laufenden Programme auf einer Seite informieren und die mittels Opt-in zugelassen oder durch einen Opt-out ausgeschaltet werden können.

Online-Tracking im Alltag: „Gefressen und gestorben!“

Bisher werden Besucher nur über kleingedruckte Datenschutzbestimmungen am Ende der Webseiten informiert – das aber auch nur oberflächlich. So erfahren Leser nur, dass Tracker eingesetzt werden, jedoch nicht, welche – und schon gar nicht haben sie die Möglichkeit, dem zu widersprechen. „Friss oder stirb“ ist die Devise – allerdings auch nur auf den ersten Blick, denn in dem Moment, in dem der Nutzer die Webseite angewählt hat, haben sich die Tracker schon auf dem Rechner festgebissen. Also schon bevor der Nutzer überhaupt die Chance gehabt hat, entsprechende Hinweise zu lesen. „Gefressen und gestorben“ – das passt eigentlich besser.

Diese Haltung hat System. Denn klar ist, dass Max Mustermann eigentlich gar nicht weiß, was da im Hintergrund passiert. Etwaige Popups dürften insofern eher schlafende Hunde wecken und dafür sorgen, dass einige Nutzer der Profilbildung widersprechen, sobald sie die Wahl haben. Die Tracking-Anbieter und Webseitenbetreiber würden zwar im Sinne des Verbrauchers und eines fairen Miteinanders im Netz handeln, das aber, zu einem hohen Preis. Und den ist kaum ein Unternehmen bereit zu zahlen. Hinzu kommt, dass die Rechtslage sie auch nicht dazu zwingt. So wie es die Anbieter machen, ist es im Einklang mit den Gesetzen. Zwar fordern vor allem deutsche Datenschützer strengere Regeln, bislang finden die jedoch wenig Anklang. Eine EU-Datenschutznovelle steht in den Startlöchern, in welche Richtung sie die Debatte führen wird, lässt sich jedoch noch nicht sagen.

Bleibt schlussendlich die Frage, ob der durchschnittliche Internetnutzer sich überhaupt dafür interessiert – und ob er derartiges Fachwissen tatsächlich auch verdauen will. Die Antwort dürfte „Jein“ lauten, denn mit Sicherheit hat nicht jeder Lust und Muße, sich durch den digitalen Werbedschungel zu schlagen. Doch nur weil es Hinz nicht interessiert, wird Kunz nicht informiert? Das darf kein Argument sein. Wer das Vertrauen und die Loyalität seiner Kunden nicht aufs Spiel setzen will, sollte ehrlich mit ihnen umgehen.

 

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